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Modellfabrik Papier – Fortschritte aus FOMOP und FOREST

Die Papierindustrie zählt zu den Vorreitern der Kreislaufwirtschaft. Mit über 3.000 unterschiedlichen Produkten und unterschiedlichen Produkteigenschaften wird dennoch eine Recyclingquote von über 80% erreicht. Allerdings ist sie mit einem Energieverbrauch von etwa 2.600 kWh pro Tonne Papier und einer jährlichen Gesamtproduktion von 19 Millionen Tonnen in Deutschland eine der energieintensivsten Industrien und ein bedeutender CO2-Emittent und Energieverbraucher [1].

Um das Energiemanagement zu optimieren und den CO2-Fußabdruck detailliert auf Teilprozess- und Produktebene nachzuverfolgen, wird unter der Leitung der Modellfabrik Papier gGmbH im Rahmen des Drittmittelprojekts (FOREST) ein Framework für Digitale Zwillinge der Papierherstellung entwickelt. Die im Projekt erstellte Referenzarchitektur ist skalierbar und verwendet dabei innovative Digital-Twin-Technologien, wie Asset Administration Shells (AAS) und Functional Mock-up Units (FMU) [2]. Zusammen mit detaillierten Modellen der Prozesse, Energieversorgung und Papierqualität, lassen sich Papierherstellungsprozesse genau simulieren und analysieren.

In der konventionellen Papierherstellung macht die thermische Trocknung den Hauptteil des Energieverbrauchs aus. Ohne disruptive Ansätze sind die Einsparpotenziale bestehender Anlagen größtenteils und vor allem langfristig ausgereizt. Daher forscht die Modellfabrik Papier gGmbH mit allen ihren Konsortialpartnern im Rahmen des Forschungsclusters Modelfabrik Papier (FOMOP) zusammen mit einem breiten Konsortium aus projektbegleitenden Industrievertretern und akademischen Projektpartnern. Nachfolgend werden die Projektbausteine als Schwerpunkte (SP) dargestellt.

Chemische und/oder enzymatische Fasermodifikationen, der Einsatz zusätzlicher und neuartiger (bio-basierter) Prozesschemikalien und alternativer Faserstoffe werden analysiert, um die Wasseraufnahme und das Wasserrückhaltevermögen maßzuschneidern. Erprobte Technologien werden validiert und in neue Technologien/Prototypen überführt (SP1 – maßgeschneiderte Rohstoffe). Neuartige Prozessführungen im wässrigen Medium und innovative Technologien (z.B. für Mahlung, Pressen- und Trockenpartie) setzen die Reduzierung der eingesetzten Primärenergie in den Vordergrund. Auch hier werden Laborprüfstände und Pilotmaschinen aufgebaut und validiert (SP2 – innovative Systeme im wässrigen Medium). Bei der (semi-)trockenen Papierherstellung werden Vliese aus trockenen Fasern mittels Airlaid-Verfahren gebildet und anschließend auf unterschiedliche Feuchtegehalte konditioniert. Diese konditionierten Vliese werden in einer Presse bei erhöhter Temperatur und unterschiedlichem Druck verfestigt. Die Aussicht, dieses Verfahren vom Labor- auf den Industriemaßstab zu übertragen, bietet ein erhebliches Potenzial für Wasser- und damit Energieeinsparungen beim Trocknen. Eine weitere unterstützende Methode, die u.a. in SP2 verwendet wird, ist die numerische Strömungssimulation (CFD, Computational Fluid Dynamics). So können die Geometrie und Funktionsweise von Prototypen und Pilotmaschinen simuliert, optimiert und danach ingenieurstechnisch ausgelegt werden (SP3 – Systemwechsel in Fluid) [3, 4]. Um die Entwicklung, Skalierung und Validierung der neuartigen Methoden auf Prototyp-Ebene zu begleiten, werden energetische Bewertungen auf Labor- und Technikumsmaßstab durchgeführt. Die resultierenden Kalkulationen dienen der objektiven Bewertung von Energie-, Öko- und Stoffbilanzen. Gleichzeitig werden die entwickelten Module zu einem ganzheitlichen Prozess zusammengestellt (SP4 – Systemische Integration).

Referenzen:

[1] Papierindustrie D. Papier 2023-Ein Leistungsbericht. Die Papierindustrie e. V. Bonn. 2023.
[2] Juhlin, Prerna, et al. "Open Reference Architecture for Sustainable Papermaking Based on Industrial Interoperability Standards and Cloud-Native Technologies." Proceedings of the 2024 IEEE International Conference on Emerging Technologies and Factory Automation (ETFA), 2024.
[3] Brydon, A. G., Pourmohammadi, A., & Russell, S. J. (2022). Drylaid web formation. In Handbook of nonwovens (pp. 89-180). Woodhead Publishing.
[4] Jin, Y., Liu, Y., & Cui, J. (2023). Numerical study on the motion characteristics of an elastic fiber migrating in a cylindrical Couette flow with centrifugal effect. Acta Mechanica Sinica, 39(3), 322423.